Ausflugsziel Étang de la Gruère (Moorsee) im Jura

Wöchentlicher Wandertag der Düdinger Senioren ist der Mittwoch, während des Sommers oft mit ganztägigen Touren. Gerne organisiere ich ab und zu einen solchen Ausflug, diesmal ergänzen sechs Heitenrieder Wanderfreunde die Gruppe.

Das ganze Wanderjahr steht unter dem Motto „Wasser“ und der Jura ist vielen wenig bekannt. Ein Ausflug zum grössten Schweizer Moorsee drängt sich deshalb auf. In der Wetterwoche Ende Juli mit über 30 Grad C erwischen wir einen angenehmen Tag, bis Mittag bedeckt mit einigen Regentropfen, ideal zum Wandern, nachmittags ziemlich heiss.

Wegen vieler Unterhaltsarbeiten bei den SBB und den CJ ist die Anreise über Neuenburg (Bahnhof gesperrt) und La Chaux-de-Fonds sehr umständlich. Die uns dadurch bescherte dreistündige Ausweichstrecke hält uns auf Trab. Bahn: Düdingen – Bern – Biel – Sonceboz – Tavannes – Les Breuleux und Postauto: Le Noirmont – Saignelégier. Fünf Züge und zwei Postautos mit sechsmaligem Umsteigen!

Kurt übernimmt die Gruppe in Saignelégier und führt sie in die Église Notre-Dame de l’Assomption (Maria Himmelfahrt) mit den sehr schönen und speziellen Fenstern. Der Wanderleiter sucht unterdessen ein Restaurant für den Startkaffee der 20-köpfigen Gruppe. Nach drei verschlossenen Türen(!) findet er am Ortsausgang als letzte Möglichkeit eine Pizzeria, wo beim Eintreffen der Wanderer in kurzer Zeit Kaffee und Gipfeli dienstfertig serviert werden.

Um 10.45 Uhr geht’s los, vorbei an der fotogenen „Halle du Marché-Concours“ mit den zwei Türmen. Bekanntlich findet im Hauptort des Distrikts Freiberge jedes Jahr am zweiten August-Wochenende der Marché-Concours National de Chevaux (Pferdemarkt und Nationale Pferdewettrennen) statt. Über schöne Weiden geht’s durch die typisch jurassische Landschaft südwärts, vorbei an verstreuten Einzelhöfen. Ein von Steinen umsäumter Weg muss kurz verlassen werden um den Pfützen des vorabendlichen Gewitters auszuweichen. Ein kurzes Auf und Ab und wir sind in Les Cerlatez, einem Weiler der Gemeinde Saignelégier. Vor dem riesigen holzgeschnitzten Alphornbläser stellen sich die Leute zum Gruppenfoto auf. Weiter nach La Theurre, eine einladende Wirtschaft am Strassenrand. In fünf Minuten sind wir am Étang de la Gruère. Dieser im Hochmoor gestaute vielarmige Weiher (étang) entpuppt sich allerdings als sehr gross! Denn er ist 600m lang, im Minimum 60m breit und rund 4,5m tief. Der See liegt auf 998m Höhe. Die Torfschicht im Umkreis des Sees ist etwa 6 – 8 Meter dick, wobei die untersten Schichten bis zu 15'000 Jahre alt sein sollen.

Ein wunderbarer Weg erlaubt ein phantastisches Wandergefühl. Mittagszeit, auf einer am Boden liegenden entasteten Fichte haben alle 20 Wanderer Platz zum Picknicken, direkt am See zwischen Fichten, Bergföhren und Birken. Da steigt Marius auf die Fichte und meint stolz, sein Kopf sei jetzt auf 1000m Höhe. Enten nähern sich vorsichtigerweise. Das Seewasser zeigt die für Moorgebiete typische braune Farbe. Wer Sehnsucht hat nach Lappland muss hierherkommen! Wir gönnen uns eine ziemlich lange Rast. Weiter geht’s auf federnden Torfmoosen, oft über hölzerne Bretter-Stege, vorbei an Moos-, Moorbeeren und Heidelbeersträuchern. In aufwändiger Arbeit ermöglichen die Jurassier den Interessierten diese begeisternde Seeumrundung. Zwei grosse Baumstrünke wurden quer aufgestellt und dienen als Fotosujet. Dann entzückt uns eine Entenmutter mit ihren sechs Jungen an Land und wird ausgiebig fotografiert. Familien und kleine Grüppchen als weitere Besucher reden vorwiegend deutsch. Nach rund ¾ Stunden durch die hohen Wald-Geissbart-Pflanzen zurück am Ausgangspunkt.

Weiter geht’s vor La Theurre auf anderen Wegen nach Les Cerlatez. Ein langes geteertes Strässchen entlang eines riesigen Gerstenfeldes ist nicht zu umgehen. Pferdewagen mit Touristen kommen uns entgegen. Charakteristische Freiberger Bauern- und Wohnhäuser in Les Chenevières auf 980m. Dann geht’s bergauf. Beim nächsten Bauernhaus machen Planwagen Rast, die Zugpferde trinken aus dem Brunnen, auch sie spüren die Hitze. Bevor jemand zu jammern beginnt ist das nächste Ziel für eine Rast, Le Roselet, hoch oben auf 1052m erkennbar. Eine Viertelstunde später sitzen alle unter dem Sonnenschirm auf der Terrasse vor ihrem Getränk. Le Roselet, die auf der Hochfläche der Freiberge gelegene Stiftung für das Pferd, ist ein Altersheim für Pferde, Ponys und Esel, die alle mindestens 18 Jahre alt sein müssen. Zusammen mit den beiden anderen Stiftungsheimen Jeanbrenin und Maison Rouge sind es rund 170 Tiere, dazu noch vier Zuchtstuten mit ihren Fohlen. Die alten Pensionäre verbringen hier ihren Lebensabend auf den weiten Juraweiden in der Herde und doch im Schutz und unter Obhut des Menschen. Die Besucher spüren förmlich die lebensfrohe Ausstrahlung und die Lebensweisheit der alten Persönlichkeiten, die oft ein bewegtes Leben hatten. Nach ¾ Stunden Pause wird der letzte Streckenteil unter die Füsse genommen: Eine knappe halbe Stunde von Le Roselet bergab nach Les Breuleux. Das Ziel ist nach ca. 4 Stunden reiner Wanderzeit erreicht.

Die Heimfahrt erfolgt um 16.47 Uhr auf gleicher Strecke, aber ohne Postauto-Benützung. Die insgesamt 12 verschiedenen Transportmittel fuhren alle fahrplanmässig und es fand eine einzige statistische Erhebung und keine einzige Fahrkartenentwertung statt. Kurz nach 19 Uhr kommt die fröhliche Gruppe wieder in Düdingen an. Eine äusserst lohnende und auch für andere Gruppen empfehlenswerte Tageswanderung ist zu Ende.

Beat Schmutz

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