Wanderung am Lac Léman und Besuch des
Tulpenfests in Morges
Die Meteorologen logen nicht. Dienstag,
der 29. April 2014 war der schönste Tag der Woche. Nach einigen „nassen“
Ausflügen hatten die Heitenrieder Wanderfreunde dies verdient.
Auf dem Perron 3 in Fribourg/Freiburg
(neue Bezeichnung) finden sich kurz vor 8.00 Uhr 25 Personen aus
verschiedenen Wohnorten ein. ¾ Stunden später trifft die Gruppe mit den
neuen königsblauen Vereinskleidern staufrei in der Waadtländer Metropole
ein.
Vom Bahnhof Lausanne geht’s abwärts zum
Botanischen Garten, der Avenue Cour entlang (Start des Lausanne Marathon)
und die Avenue des Bains hinunter zum Freibad Bellerive Plage, mit rund
75'000m2 vermutlich das grösste Freibad der
Schweiz. Geöffnet wird dieses erst Mitte Mai. Das Bad ist etwas in die
Jahre gekommen, stammt aus dem Jahr 1937, wurde für die Expo 1964
ausgebaut und 1993 unter Aufsicht der Denkmalpflege renoviert.
Ende März 2014 wurde bekannt dass die
Olympische Hauptstadt Lausanne gegen 700 Mio. Franken (!) in das Projekt „Métamorphose“
stecken werde. Zuerst wird die Eishalle im Lausanner Quartier Malley neu
gebaut (2019 / 123 Mio.). Ob wohl das grandiose Abschneiden des HC
Lausanne in der abgelaufenen Eishockey-Saison eine Rolle gespielt hat?
Danach folgt das Schwimmbad mit dem olympischen Schwimmbecken (2022 / 94
Mio.). Zusätzlich sollen dann auch noch das Leichtathletikstadion
Pierre-de-Coubertin (Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit) und
nicht zuletzt ein neues Fussballstadion entstehen. Anstelle der
abbruchreifen Pontaise soll dort ein ökologisches Quartier mit 2'000
Wohnungen gebaut werden für die restlichen Millionen! Das Projekt macht
seinem Namen Metamorphose (Umgestaltung) alle Ehre!
Nach dem Schwimmbad zweigt der Wanderweg „Tourisme
pédestre“ ab ans Seeufer. In einer halben Stunde ab Bahnhof wird der Hafen
Vidy mit seinen vielen Segel- und Motorbooten erreicht. An der
Uferpromenade lädt das Restaurant Le Carrousel zum Café ein. Reserviert
wurde das Znüni nicht, ein Versehen des Wanderleiters. In Windeseile
werden draussen die Tische zusammengestellt und die warmen Getränke
serviert. Das Restaurant befindet sich im ehemaligen Vergnügungsviertel
der EXPO 1964 Lausanne, wo damals lauter vieleckige und verschiedenfarbig
beleuchtete Dachzelte die „Beizen“ überspannten.
Znünihalt
„Rütlischwur“
Danach geht es weiter im Expo-Gelände. Bei
allen Teilnehmenden werden Erinnerungen an diese unvergessliche
Ausstellung wach. Der mitwandernde Silvio war während der ganzen
Ausstellung vom 30. April bis 25. Oktober 1964 für die VSK (ab 1969 Coop
Schweiz) an der Expo tätig. Er erzählt uns von den Attraktionen und zeigt
uns deren damalige Standorte wie denjenigen der Einschienenbahn „Monorail“,
des „Weges der Schweiz“, des Abgangsorts des touristischen U-Boots Auguste
Piccard „Mésoscaphe“, der Plastik „Heureka“ von Jean Tinguely, des Turms
„Spiral“ mit über 100 Metern Höhe, des Igel-Pavillons der „Wehrhaften
Schweiz“. Nicht zu vergessen ist der Riese
Gulliver. Anstatt nach Liliput reiste er in die Schweiz um die Volksseele
zu ergründen Die vier grossen Erdhügel neben den damaligen
Fahnenburgen mit allen Kantons- und Gemeindewappen stellten die vier
Kulturen der Schweiz dar. Zu sehen ist heute noch der Expo-Grundstein,
1962 angelegt, ein offenes Schweizerkreuz als Zeichen der damaligen
Schweiz. Nebenan steht die grosse Eisenplastik, den Rütlischwur
darstellend. Einigen klingt sogar noch die Symphonie mit über 150
Büromaschinen von Rolf Liebermann in den Ohren. 1964 wurde auf die Expo
hin zudem die Autobahn zwischen Genf und Lausanne eröffnet.
Erstaunlicherweise ist diese Expo den Mitwandernden besser in Erinnerung
geblieben als jene aus dem Jahr 2002. Die Ausstellung zeigte vor 50 Jahren
den modernen Staat und die moderne Gesellschaft und vermittelte den
Glauben an die Technik und den Fortschritt.
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„Gulliver“ (1964)
„Heureka“ (heute am Zürichhorn)
Weiter wandern wir dem Ufer des Lac Léman
entlang, abwechslungsweise auf Natur- und befestigten Wegen, durch Alleen.
Die Temperatur liegt bei 12 Grad C, zum Wandern ideal. Die schwarzen
Wolken über der Stadt Lausanne wirken bedrohlich, ziehen aber gegen Osten
weiter. Die Regenbekleidung und -schirme bleiben in den Rucksäcken, die
Stimmung ist sehr gut. Auf der andern Seite des Genfersees sind die
Savoyer Alpen in Wolken gehüllt. Dann über ein Bogenbrücklein über das
Flüsschen La Chamberonne (weiter oben Sorge). Hier geben sich Schwäne und
Enten ein Stelldichein. An schönen Villen und Gärten vorbei geht’s über
Les Pierrettes nach St-Sulpice. Diese kleine Gemeinde mit 1.85 km2
Fläche und 3'300 Einwohnern besitzt
eine wunderbare romanische Klosterkirche aus dem 12. Jahrhundert. Sie
ziert auch das Wappen der Gemeinde und liegt am Jakobsweg. Eine
Besichtigung ist empfehlenswert.
Flüsschen Chamberonne (Sorge)
St-Sulpice
Nach der besinnlichen Pause geht’s weiter
durch mannshohe Büsche, über eine weitere Bogenbrücke über den Fluss
Venoge nach Préverenges. Nach der letzten Biegung des Lac Léman ist Morges
mit seinem trutzigen viertürmigen Schloss in weiter Ferne zu erkennen.
Eine Wanderstunde liegt noch vor uns. Dem Strand entlang herrscht eine
richtige Mückenplage. Ab und zu begegnen uns andere Wanderer, Jogger oder
Biker. Im erweiterten Stadtgebiet begrüssen uns an der prachtvollen
Uferpromenade zuerst Stiefmuttern in den Anlagen. Wie sehen wohl die
Tulpen aus in diesem warmen April? Bei aufgelockerter Bewölkung nähern wir
uns um 12.45 Uhr nach geschätzten drei Wanderstunden und einer Stunde mit
längeren und kürzeren Pausen dem Schloss Morges, fertig erbaut im Jahr
1291. Im gleichen Jahr geschah ja auch am Urnersee etwas Bedeutungsvolles
für die Eidgenossenschaft! Die bunte Blütenpracht auf dem riesigen Gelände
im Parc de l’Indépendance (Unabhängigkeitspark) zwischen Schloss, Fluss La
Morges und See ist von Weitem zu sehen noch in voller Blüte. Im 30'000 m2
grossen Gelände sollen 100'000 Tulpen in über 300 Sorten blühen.
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Die Sonne zeigt sich und die Gruppe hat
nun freien Ausgang bis zur Rückfahrt des Zuges um 15.32 Uhr. Die meisten
verpflegen sich im Zelt am Seeufer, bevor sie sich auf den wundervollen
Rundgang durch den ausserordentlich schönen Park mit dem Tulpenmeer und
den alten Bäumen begeben. Wer das Tulpenfest zum ersten Mal besucht ist
enorm beeindruckt von der Schönheit und Grösse dieser Schau bei freiem
Eintritt. Die Zeit reicht allen noch zu einem Rundgang durch die beflaggte
Altstadt mit dem mittelalterlichen Stadtbild und zu einem abschliessenden
Getränk.
Altstadt Morges
Silvio als Lok-Führer auf der Heimfahrt
In den reservierten Abteilen der beiden
Züge erreicht die zufriedene Wandergruppe um 16.33h Freiburg, bevor die
Feinverteilung mit Regionalzügen und Postautos an die Wohnorte beginnt.
Beat Schmutz |